Jahresgabe

Study for Leander and Jack

Brook Hsu

Blick und Hand der Malerin sind liebend, begierig. Lust und Schmerz wohnt den Betrachter:innen genauso inne wie den Betrachteten. Wahre Beobachtung sucht Ehrlichkeit und die Suche nach Ehrlichkeit ist eine nach Freiheit. Brook Hsu ist ehrlich. Durch und durch.
Bevor sie beginnt zu malen, zeichnet Brook Hsu ihre Motive in eines der vielen Notizbücher, die in ihrem Studio herumliegen. Bleistift auf Papier, eine intime, fast private Geste. Das Bild Leanders und seines Lieblingspferdes Jack übersetzt sie durch ihre Hand von ihrer Retina auf Papier. Hingebungsvoll, unprätentiös und naiv (von letzterem Adjektiv existieren die Synonyme vertrauensvoll, unerfahren und leichtgläubig) spricht aus den Strichen eine Aufmerksamkeit für das Innere im Äußeren: Eine Beobachtung nicht nur der Motive, sondern der Bedeutung von Repräsentation. Dies sagt viel über Hsus Art zu porträtieren aus. In ihren großformatigen Malereien fängt sie nicht nur Subjekte, sondern auch deren Verbindungen zur Welt ein – durch Fakt und Fiktion, Sprache, Humor und Zuneigung. Wie diese reflektieren auch die Arbeiten, die Hsu durch ihre Zeichnungen vorbereitet, die Geschichte der Malerei. So zum Beispiel das Pferdemotiv, das an Rosa Bonheurs malerische Darstellungen dieses Tieres denken lässt. Mit Freude und Sorgfalt studiert Hsu ihr Vorbild mit Blick auf ihre eigenen materiellen Gegebenheiten: Bleistift und Papier, Ölfarbe, Pigment, Holz, Leinwand. Auf diese Weise entwickelt die Künstlerin einsam und stetig eine Praxis, in der Wahrnehmung allumfassend ist.
In der Zeichnung Leanders und seines Pferdes liegt eine tiefe Liebe und eine kraftvolle Zartheit. Hinzu kommt ein weicher, durchscheinender Firnis von Sprache, der die wahren Paradoxien menschlicher Existenz in Worte fasst.
– Live Drønen